Die Anforderungen, die der Bikesport an Knieschoner stellt, sind ebenso groß wie vielfältig: Sie sollen schützen, wie die dicksten Downhill-Protektoren, dabei leichtgewichtig und angenehm zu tragen sein und auch bei langem Pedalieren nicht stören.

Bis vor einigen Jahren war es schlichtweg unmöglich, diese verschiedenen Eigenschaften in einem Schoner zu vereinen. Doch mit dem Aufkommen hochfunktionaler, flexibler Weichschäume, die sich erst beim Aufprall verdichten und so die Energie absorbieren, sind inzwischen sehr vielseitige Protektoren möglich – und entsprechend groß ist das Angebot am Markt. Daher luden wir zwölf Vertreter der aktuellen Knieprotektoren-Generation zum Test – sowohl im Labor, als auch auf dem Trail wurden die Schoner auf Herz und Nieren geprüft.

Ergänzend zu dem Feedback unserer erfahrenen Tester zu Komfort, Wärmeentwicklung und Handling der Schoner, wollten wir uns bei der Kernfunktion der Schoner – deren Schutzwirkung – nicht nur auf subjektive Eindrücke verlassen. So unterzogen wir jeden einzelnen Schoner einem aufwändigen Labortest bei SAS-TEC in Markgröningen.

Auf einem genormten Prüfstand testeten wir die Schutzwirkung und Dämpfungseigenschaften der unterschiedlichen Paddings, sowie den Schoner in seiner Gesamtheit: Ein Fallgewicht trifft mit einer Aufprallenergie von 50 Joule auf den Protektor, die Restenergie wird per Computermessung Millisekunden genau aufgezeichnet. An der resultierenden Kurve lässt sich sowohl die größte Kraft, als auch der Zeitraum, auf den die Einschlagsenergie verteilt wird, ablesen.

Angelehnt an die Norm EN 1621-1 für Gelenkprotektoren, testeten wir jedes Padding an drei Punkten, zusätzlich einen zentralen Punkt am gesamten Schoner. Um der Norm zu entsprechen, darf die durchschnittliche Restkraft 35 Kilonewton nicht überschreiten, ein Einzelschlag nicht über 50 Kilonewton liegen.

Entscheidend für optimalen Schutz ist nicht nur eine möglichst geringe Kraftspitze am Knie, sondern auch, dass die Kraft über einen möglichst großen Zeitraum ans Knie weitergegeben wird. Hier können dickere Paddings durch die erhöhte Knautschzone deutlich mehr leisten als sehr dünne Protektoren, wie zum Beispiel die Bliss ARG Minimalist, welche, in Anbetracht ihrer enorm schmalen Bauweise, erstaunlich viel Kraft zu absorbieren wissen.

Bliss Arg Knee Pad

Als einer von drei Schonern im Testfeld setzt das Bliss ARG Knee Pad auf ein 4 Millimeter dünnes Armourgel-Padding – entsprechend fällt auch die Dämpfung ähnlich wie bei den anderen Modellen aus: Für seine geringe Dicke absorbiert der Schaum zwar erstaunlich viel Energie, findet sich mit seinen Dämpfungswerten jedoch trotzdem am Ende des Testfelds wieder. Dafür kann der Bliss Protektor mit hohem Tragekomfort und guter Belüftung punkten. Mit 389 Gramm gehört er zudem zu den leichteren Modellen. Die beiden Klettbänder fixieren den Schoner zuverlässig am Bein. Dabei erleichtern die gummierten Enden das An- und Ausziehen mit Handschuhen. Doch auch auf längeren Touren mit vielen Trails war kein Nachjustieren notwendig – hier kann er sich deutlich von der leichteren Minimalist Variante abheben.

Bliss Arg Minimalist Knee Pad

Bei dem neu vorgestellten Bliss ARG Minimalist, handelt es sich um eine aufs Wesentliche – nämlich das Schutz-Padding – reduzierte Variante der ARG Schoner. Die sauber verarbeiteten, 185 Gramm leichten Schoner tragen kaum auf und stören so auch unter langen Hosen kaum. Trotz Gumminoppen an den flexiblen Bündchen oben und unten, konnte der Sitz der Schoner nicht ganz überzeugen: Bei einigen Testern folgten die Schoner auf ruppigen Strecken der Schwerkraft. Auf längeren Touren erfreuen dagegen die gute Belüftung, sowie der angenehme Sitz beim Treten. Wer zwischen zwei Größen schwankt, sollte die kleinere nehmen – die Bliss fallen sehr groß aus. Für die geringe Knautschzone dämpfen die Bliss im Labor zwar ordentlich und bleiben klar unter der in der Norm festgelegten Maximalkraft, im Vergleich zu Schonern mit dickerem Padding bieten sie jedoch weniger Sicherheit. Hier fehlt einfach die Knautschzone, die die Aufschlagsenergie über eine längere Zeitspanne verteilt.

G-Form Knee Pads

Mit nur 154 Gramm sind die in knalligem Gelb oder gedecktem Schwarz erhältlichen G-Form Knee Pads, die mit Abstand leichtesten Schoner im Test und sollen komfortablen Sitz, gute Pedalier-Eigenschaften und bestmöglichen Schutz vereinen. Und tatsächlich: Dank der vielen einzelnen Segmente, schmiegen sich die Schoner förmlich wie eine zweite Haut an das Knie des Trägers und schon nach kurzer Zeit vergisst man völlig, dass man sie trägt. Dort zeigen sie sich auch von langen Touren und ruppigsten Abfahrten unbeeindruckt – der Sitz ist hervorragend, zudem verhindert die schlanke Bauweise Hitzestau. Der Labortest dagegen entlarvt die Kehrseite der Medaille: Bereits bei einer Fallhöhe von 75 Zentimetern – also deutlich geringeren Schlagenergien als die Norm vorschreibt – überschreiten die Restkräfte die zulässigen Maximalwerte.

Ion K_Pact Kneepad

Am K_PACT aus dem Hause ION fällt schnell die ausgeprägte Formung des ganzen Schoners auf: Schnitt und Position des Paddings sind eindeutig für ein angewinkeltes Bein ausgelegt. Das sorgt einerseits für bombensicheren Sitz und komfortables Tragegefühl auf dem Bike, stört andererseits beim Laufen mit dem Schoner; ausufernde Wanderungen werden die meisten jedoch sowieso schonerlos unternehmen. Pedalieren dagegen geht hervorragend und ist angenehm, obwohl der ION Schoner eher dick aufträgt. Die seitlich angebrachten Polster bieten zusätzlichen Schutz, sorgen jedoch auch für ein sehr warmes Knie. Der Labortest bescheinigt dem K_PACT gute Werte bei der Maximalkraft – das verarbeitete SAS-TEC Padding verteilt die Kraft zudem über einen verhältnismäßig langen Zeitraum. Auf diese Weise wird das Knie zusätzlich geschont.

IXS Carve Knee Guards

Das im iXS Carve Series Knee Pad verwendete Schaumpadding hat die größte Fläche im Testfeld und schützt auf diese Weise umfassend: Der Protektor umschließt das Knie auch seitlich und ist zum Schienenbein hin länger als die Konkurrenz. Im Labortest überzeugt die von iXS selbst entwickelte Schaummischung durch hervorragende Dämpfungswerte. Beim Wärmemanagement dagegen verschenkt iXS unnötig Potential: Zwar kommt beim Schweizer Hersteller an der Kniekehle atmungsaktives Mesh zum Einsatz, allerdings war im Testmodell ein Großteil der Luftlöcher im Padding aufgrund fehlender Nachbearbeitung verstopft. Der Sitz jedoch passt: Einmal positioniert und mit den beiden Klettbändern gesichert, können auch wildeste Abfahrten und langes Pedalieren dem Carve nichts anhaben.

IXS Dagger Knee Guards

Als einziger Schoner im Test setzt der iXS Dagger Knee auf eine Hartplastikschale als Schutzelement; sofort fällt der eigenständige aber coole Look ins Auge. Die Klettbänder, am wertig verarbeiteten Schoner, sind sinnvoll positioniert und sorgen für einen guten Sitz, egal wie sehr es zur Sache geht. Der Dagger trägt sich angenehm und macht auch kurze Pedalierabschnitte problemlos mit – um ein Tourenwunder handelt es sich jedoch nicht. Die eigentliche Hartschale fällt recht klein aus, schützt aber die wesentlichen Teile des Knies. Im Labortest liefert sie nur durchschnittliche Werte, allerdings ist zu beachten, dass die Kraft auf eine größere Fläche verteilt wird. Die Schutz-Applikation unterhalb des Plastiks dagegen absorbiert kaum Energie – wer stürzt, sollte also auf das Plastik zielen.

O‘NEAL AMX Zipper Knee Guard

Die AMX Zipper Knee Guards von O’Neal lassen sich – der Name deutet es schon an – mit einem seitlich angebrachten Reißverschluss öffnen. Auf diese Weise lassen sich die Schoner zum Beispiel vor längeren Anstiegen in Sekundenschnelle ausziehen und – wenn es dann zur Sache geht – genauso schnell wieder anlegen; nerviges Schuhe ausziehen entfällt. Der Reißverschluss ist nach innen hin mit weichem Material ausgekleidet und stört so den insgesamt guten Tragekomfort nicht. Beim Pedalieren könnte der Schoner noch etwas flexibler sein – gescheuert hat der AMX Zipper trotzdem nicht. Dank oben und unten angebrachter Klettverschluss-Bänder, verrutscht der Schoner auch bei harten Erschütterungen nicht. Das große Padding aus dem Hause SAS-TEC überstand den Labortest mit guten Werten; zudem ist der Schoner mit 367 Gramm sehr leicht.

Poc Joint VPD 2.0 Knee

Mit seinem dicken Padding sichert sich der POC VPD 2.0 Knee den ersten Platz im Labor-Teil des Tests: Der großvolumige Schoner absorbiert am meisten Aufprallenergie und kann auch mit seiner umfassenden Abdeckung des ganzen Knies punkten. Durch seine Dicke ist das Padding recht steif – so kann der clean designte Schoner sich nicht so gut ans Knie anschmiegen wie einige seiner Konkurrenten und lässt daher etwas an Komfort vermissen. Pedalieren geht zwar noch, aber bei abfahrtslastigen Gondel-Touren oder Bikepark-Einsätzen ist der POC besser am Platz. Die recht dünn geratenen Klettbänder fixieren die 457 Gramm schweren Schoner trotzdem zuverlässig, schnüren sich bei längeren Ausfahrten jedoch etwas ins Bein. Die Verarbeitungsqualität des POC VPD 2.0 Knee ist hoch, genauso aber auch sein Preis: 120 Euro sind kein Schnäppchen.

Scott Grenade Pro 2 Knee Guards

Mit über 600 Gramm sind die Scott Grenade Pro 2 mit Abstand die schwersten Schoner im Test. Entsprechend umfangreich fällt auch die Polsterung aus: Während das Knie von vorne durch eine Kombination aus D3O-Padding und Schaumstoff-Polster geschützt wird, befinden sich seitlich und oberhalb weitere dicke Schaumstoff-Applikationen – mit dem Scott Grenade Pro ist man rundum geschützt. Die subjektiv empfundene Sicherheit bestätigt sich im Labortest – das D3O-Padding absorbiert mit am meisten Energie im Testfeld. So viel Schutz schlägt sich natürlich auf die Belüftung nieder: Trotz kleinem Mesh-Einsatz an der Rückseite, wird das Knie unter dem 100-Euro-Schoner sehr warm. An Sitz und Komfort dagegen, gibt es nichts zu bemängeln. Die breiten Klettbänder fixieren den Schoner zuverlässig, der vorgeformte Schnitt und die zusätzliche Polsterung unter dem Padding sorgen für top Komfort – auch beim
Pedalieren.

Scott Tactic Knee Guards

Während der Grenade Pro eher massiv ausfällt, ist der Tactic das leichtere Modell von Scott. Wie auch bei den Bliss-Schonern, kommt im Scott ein leichtes und dünnes Armourgel-Padding zum Einsatz, das mit einer nach hinten offenen Neopren-Konstruktion am Knie positioniert wird. Diese lässt sich praktischerweise komplett öffnen, sodass die Schoner auch mit Schuhen an- und ausgezogen werden können. Die breiten Klettstreifen sind gelungen positioniert und sichern den Schoner zuverlässig gegen Verrutschen – insgesamt trägt sich der Scott komfortabel und luftig. Der Protektor, der übrigens in einer Universalgröße angeboten wird, könnte jedoch etwas enger geschnitten sein, gerade beim Pedalieren wirft er seitlich Falten. Bei der Labormessung der Dämpfung bleibt der Schoner, mit einer Maximalkraft von 20,9 kN, innerhalb der Normvorgabe, findet sich aber – zusammen mit den anderen leichten Protektoren – am unteren Ende des Feldes wieder.

SixSixOne Evo Knee

SixSixOne schickte den Evo Knee Protektor ins Rennen. Der hochwertig verarbeitete Schoner wirkt mit der Kevlar Front wahrhaft unverwüstlich. Dass in Sachen Haltbarkeit keine Kompromisse eingegangen wurden, zeigt allerdings auch das hohe Gewicht von 494 Gramm. Zur Befestigung setzt SixSixOne lediglich auf einen Klettverschluss oben am Schoner, unten sichert ein elastischer Bund den Halt – das funktioniert gut: Der Evo Knee sitzt ohne zu verrutschen. Auch längeres Pedalieren ist kein Problem, genauso wenig wie ruppige Abfahrten. Das nach hinten offene Design verhindert zwar Hitzestau, sorgt allerdings auch dafür, dass der Schoner seitlich nicht komplett anliegt und sich etwas vom Knie wegwölbt – insgesamt ist die Passform eher lose. Im Test drangen in die Öffnung an der Kniekehle immer wieder Dreckklumpen ein und sammelten sich im Schoner – nervig. An der Schutzwirkung des Paddings gab es dagegen nichts auszusetzen, hier spielt der 661 vorne mit!

Sweet Protection Bearsuit Knee Pads

Die Bearsuit Knee Pads von Sweet Protection konnten sich im Labortest mit sehr guten Dämpfungswerten fast an die Spitze setzen und mussten sich lediglich dem POC Modell knapp geschlagen geben. Das verwendete SAS-TEC Padding zeichnet sich zudem durch eine gute zeitliche Verteilung des Schlages aus. Beim ersten Anziehen fällt sofort die relativ stark vorgeformte Form des Schoners auf: Im Stehen etwas unkomfortabel, passt sie jedoch in „Bike-Stellung“, also mit angewinkelten Knie, perfekt – während des Pedalierens fühlen sie sich allerdings eher hart und massiv als komfortabel an. Obwohl der Neopren-Strumpf das Knie recht eng umschließt, hält sich die Hitzeentwicklung in Grenzen. Sweet verwendet nur ein Klettband am oberen Abschluss, trotzdem sitzen die Schoner bombenfest. Der Trick: Großflächig gummierte Bereiche im Inneren des Schoners – lediglich wenn man viel schwitzt, kommen diese an ihre Grenzen – dann ist der Sitz nur durchschnittlich.

Fazit:

Auch wenn die modernen Protektoren allesamt sehr vielseitig sind, kristallisierten sich im Test schnell verschiedene Ansätze heraus. Zum einen gibt es die Fraktion der ultra-leichten Protektoren, die mit sehr dünnen Schutz-Paddings zwar maximalen Komfort erreichen, dafür aber Abstriche in der Schutzwirkung in Kauf nehmen.

So tragen sich beispielweise die G-Form Knee Pads wie eine zweite Haut, überschreiten die in der EN 1621-1 festgelegte zulässige Restkraft bei Knieprotektoren jedoch deutlich. Sicherer unterwegs ist man in dieser Klasse mit den Bliss ARG oder den Scott Tactic-Schonern. Letztere haben den Vorteil, dass man sie ohne Ausziehen der Schuhe anlegen kann, dafür sitzen sie allerdings nicht so satt am Knie wie das Bliss-Modell mit gleichem Padding.

Die mittlere Schutzklasse bilden vielseitige Protektoren mit dickeren Schaumpaddings, die zwar noch immer gut zu Pedalieren sind, durch die festere Konstruktion jedoch deutlich wärmer sind. Wer einen Allrounder sucht, wird hier fündig: Zum Beispiel mit dem O‘Neal AMX Zipper Knee Guard – auch er lässt sich dank Reißverschluss in sekundenschnelle an- und ausziehen. Die dritte Kategorie bilden Knieschoner, die sich besonders für anspruchsvolle Trails und schnelle Fahrten auf felsigem Untergrund eignen: Paddings mit überragender Dämpfung, oft ergänzt um weitere Schutzapplikationen seitlich am Knie, sind hier wichtiger als perfekter Komfort beim Pedalieren oder Wärmemanagement. Hier überzeugte uns der gut gepolsterte und sehr komfortable Scott Grenade Pro 2 am meisten.

Text: Aaron Steinke Bilder: Fabian Rapp


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